WARUM ICH FACEBOOK VERLASSE
2013 April 04Vor ein paar Jahren - ich glaube es war 2008 - habe ich mich tatsächlich zu einem Schritt entschieden, den ich bis dato entschieden ablehnte: Ich meldete mich bei Facebook an.
Weder damals noch heute weiss ich, was mir Facebook eigentlich bringen soll.
“Freunde finden” werden einige von euch jetzt sicherlich sagen.
Und obwohl ich tatsächlich wieder einen - wenn auch leider nur sehr knappen - Kontakt zu zwei, drei Freunden aus meiner Vergangenheit über Facebook herstellen konnte, so ist es auch hier nicht möglich, diesen Kontakt über eine räumliche Distanz von 500 Kilometern zu halten.
“Sachen teilen” werden einige von euch auch sagen.
Wenn ich mir die Dinge ansehe, die über Facebook so “geteilt” werden, dann sehe ich entweder “witzige” Videos oder “grosse Lebensweisheiten” in grellbunten Bildern, mit einem Kommentar, der selten über “Denk mal drüber nach” oder “Dem kann ich nur zustimmen” hinausgeht.
“Spiele spielen” mag mancher noch als Argument anbringen.
Ja, ich gestehe: Auch ich habe FarmVille… ich wollte fast sagen “gespielt”, aber ist FarmVille überhaupt ein Spiel?
Ein Spiel ist für mich eine klar abgegrenzte Einheit. Man hat eine Spielsituation und ein Spielziel:
- Blöcke abbauen wie in Arkanoid / Brickbreaker
- Gleiche Steine zusammenschieben wie in Samegame / Match-3 / 4 gewinnt
- Die Welt retten wie in fast jeden Rollenspieladventure
- Die gegnerische Basis demolieren wie z.B. bei League of Legends
- Aus einem Labyrinth entkommen wie bei Legend of Grimrock
Daher kann ich mir FarmVille & Co. zwar als netten, wenn auch wenig anspruchsvollen Zeitvertreib durchaus eingehen lassen, aber ein Spiel ist es meiner Meinung nach nicht.
Wenn man dazu noch das zum Teil sehr aufdringliche “Freemium” Konzept mit einrechnet, vergeht mir an solchen Spielen sehr schnell die Lust.
Ich gestehe frei heraus, dass auch ich mich all dieser Dinge “schuldig” gemacht habe. Ich habe weder besonders tiefgreifende Texte auf Facebook veröffentlicht (höchstens Links zu meinem Blog oder anderen Webseiten), noch habe ich mehr gemacht, als ab und zu mal “einzuchecken” wo ich gerade bin, egal ob das nun irgendeinen Informationswert für meine Facebook-Freunde hat oder nicht.
All diesen Werten steht bei Facebook ein grosser Preis, den man zahlen muss, gegenüber: die eigene Privatsphäre.
Bevor ihr jetzt den Aufschrei probt und mir sagt: “Dann poste halt nichts, von dem du nicht möchtest, dass es jemand erfährt”, denkt kurz darüber nach, dass das nur die halbe Wahrheit ist.
Ich selbst war lange ein Verfechter dieses Satzes: “Poste nur, was jeder wissen darf.” Und wer Fotos der letzten durchzechten Nacht postet, ist selber schuld. Habe ich gedacht.
Doch Facebook sammelt viel mehr Informationen über uns, als wir meinen.
Fangen wir mit einem einfachen Beispiel an: Du klickst den “Gefällt mir” Button bei einem Text, den ein Facebook-Freund gepostet hat.
Ausser der Tatsache, dass mir das wohl gefällt, speichert Facebook noch den Ort (GPS vom Handy, Ort anhand deiner IP-Adresse) von wo und die Zeit wann dir das gefallen hat. Es steht zu vermuten, dass diese Daten nicht gelöscht werden, wenn du den “Gefällt mir nicht mehr” Button drückst.
Auch wenn du einen Kommentar zu einem Text, Bild oder Video abgibst, werden diese Daten von Facebook gespeichert und ausgewertet.
Kein Problem denkst du? Wie wärs damit:
Wenn du ganz normal im Web surfst, speichert Facebook alle Seiten, die du besuchst.
Wie das gehen soll? Ganz einfach: Wenn du dich bei Facebook einloggst, speichert Facebook ein sogenanntes Cookie auf deiner Festplatte ab. Das sind kleine Textdateien, die dich identifizieren. Besuchst du jetzt wieder die Webseite von Facebook, sendet dein Browser dieses Cookie zurück an Facebook und Facebook weiss, dass du du bist.
Vereinfacht steht da drin: Ich bin Benjamin Schieder, User ID 1234567890
Kein Problem sollte man meinen, solange dieses Cookie nur an die Facebook-Server zurückgeschickt wird.
Sind dir aber mal all diese kleinen “Gefällt mir” oder “Empfehlen” Buttons auf unzähligen Webseiten aufgefallen? Zum Beispiel bei Nachrichtenseiten wie dem Spiegel Online?
Diese Buttons werden von den Facebook Servern geladen. Und dein Browser schickt das oben erwähnte Cookie an Facebook.
Facebook weiss jetzt also, dass du heute von deinem Handy / Laptop / PC die oben verlinkte Nachrichtenseite aufgerufen hast.
Diesen immensen Datenschatz macht Facebook dann zu Geld. Facebook hat sogar eine eigene Suchmaschine für diesen Datenbestand ins Leben gerufen, Facebook Graph Search.
Dies ist ein absoluter Albtraum für jeden, der noch einen Rest Privatsphäre im Internet behalten möchte. Hier ein paar Hintergrundlinks dazu:
- Englischer Artikel bei Slashdot.org
- Englischer Artikel über die Vorteile von Facebook Graph Search für Werbetreibende
- Kritischer Artikel bei Netzwelt.de: Wie man mit Facebook Graph Search schlüpfrige Informationen findet
- Artikel bei t3n.de
Facebook Graph Search beherrscht also ähnlich wie Apples Siri das Verständnis von normaler Sprache. Mit Facebook Graph Search kann in Zukunft jeder nach folgenden Dingen suchen:
- Frauen zwischen 25 und 40 die Single sind und in Hannover wohnen
- Bilder die in Berlin vor 1990 entstanden sind
- Studenten, die in 2 Jahren ihren Abschluss machen werden
- Freunde, die letzte Woche Pornoseiten besucht haben
Ich persönliche finde, dass dieser Preis für die Leistung, die Facebook mir bietet, zu hoch ist.
Wer weiterhin mit mir in Kontakt bleiben oder in Zukunft mit mir in Kontakt treten möchte, kann das auch heute schon über eine Vielzahl an Möglichkeiten machen:
- Man kann mir eine E-Mail schreiben.
- Man kann mir einen Kommentar im Weblog hinterlassen.
- Mit ein bisschen Willen kann man sogar meine Adresse und meine Telefonnummer herausfinden.
All diese Kontaktmöglichkeiten stehen heute schon jedem offen, ohne dass ich meine Privatsphäre Facebook zum Frass vorwerfen müsste.
Und wem diese - minimalste - Anstrengung zu viel ist, der sucht offensichtlich doch nicht sooo dringend meinen Kontakt.
Die Facebook Buttons auf dieser Seite leiten übrigens nicht automatisch eure Daten zu Facebook weiter. Erst wenn ihr sie durch einen Klick aktiviert, wird der eigentliche Button von Facebook & Co. geladen.
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Tags: Internet Privatsphaere Facebook Techsucks