Benjamin Schieder

[GEWALT] 'AMOKLAUF' IN EMSDETTEN - LEHRER UND GESELLSCHAFT VERSAGEN ERNEUT

2006 November 21

Nach einem weiteren sogenannten 'Amoklauf' (diesmal in Emsdetten) zeigt sich einmal mehr, wie Lehrer und Gesellschaft versagt haben.
Natuerlich gibt es jetzt die ueblichen Idioten, welche nach weiteren Verboten schreien. Dass dies nichts bringt duerfte ebenso einfach zu bemerken sein. Aktionismus vom Feinsten halt. Man sieht etwas, dessen Zusammenhang weder bestaetigt noch widerlegt ist, und drueckt dem solange die vermeintliche 'Schuld' auf, bis eine kritische Masse von AnhaengernUnterstuetzern zusammen ist.
Klar, Verbote werden sicherlich etwas bringen. Und wenn wir all die boesen Buben dann wegsperren sind auch alle Menschen wieder sicher. Vielleicht haben wir wegen dieser Kurzsicht auch so ein Problem in unseren Gefaengnissen.

Wer hat hier wirklich Verantwortung? Spielehersteller? Wohl kaum. Wer Gewalt haben will, kriegt sie an jeder Ecke in beliebigen Formen.

Hier hat die Gesellschaft allgemein und Lehrer besonders versagt.

Fangen wir mit den Lehrern an. Es wird ja viel und gerne auf Lehrer geschimpft. Wenn sie nichts unternehmen, werden sie angegriffen, und wenn sie etwas unternehmen (wie im Fall der Schulleiterin Alt) werden sie auch angegriffen.
Immer schoen, nen Suendenbock zu haben, nicht wahr?
Aber mal ehrlich, warum scheinen Lehrer so 'fehlerbehaftet' zu sein? Nun, da habe ich ein paar Theorien:

  1. Sie haben Angst davor, selbst zum Mobbing-Opfer zu werden
  2. Sie werden nachdem sie eingreifen von den Eltern angepoebelt, welche den Lehrern mit Hoelle und Verdammnis drohen
  3. Sie wissen einfach nicht, wie sie sich verhalten sollen
Zu jedem aufgefuehrten Punkt gibt es Loesungsansaetze, manche besser, manche schlechter.
Punkte 1. und 2. kann man hier zusammenfassen. Lehrer brauchen mehr Moeglichkeiten, um Schuler zu 'disziplinieren' wie es so schoen heisst. Und sie muessen von den Moeglichkeiten auch Gebrauch machen.
Desweiteren muss das Wort eines Lehrers auch Gewicht haben. Kein Schueler wird sich etwas sagen lassen, wenn er weiss, dass seine Mami oder sein Papi den Lehrer hinterher zur Sau machen kann.
Punkt 3. wird schon schwieriger, da dafuer Geld fuer Schulungen und Seminare ausgegeben werden muesste, was sich leider mit dem Aktionismus der Politiker nicht vereinbaren laesst.


Desweiteren hat ausser den Lehrern speziell auch die Gesellschaft allgemein versagt. Auf der Webseite 'Spiegel Online' gibt es dazu einen halbherzigen Artikel. In dessen Teaser werden zwei Fragen gestellt:
  1. Gibt es effektive Warnsysteme?
  2. Und wurde das Waffenrecht genug verschärft?
Frage 1. ist durchaus berechtigt. Ueber die Sinnfreiheit von Frage 2. wurde oben bereits geschrieben.

Unter anderem schreibt der Artikel:
Krisenschüler erkennen - Eltern sollen stärker in den Schulalltag und Jugendliche stärker in die Familie mit einbezogen werden. Das forderten Psychologen nach dem Fall Robert Steinhäuser, dem schwere familiäre Probleme nachgesagt wurden. Auch der Emsdettener Schüler war sozial auffällig: Der Einzelgänger soll stets ganz in schwarz gekleidet und oft in einen bodenlangen Ledermantel gehüllt gewesen sein und keine Freunde gehabt haben.
(Hervorhebung durch mich)
Dass ein differentierter Kleidungsstil noch keinen Amoklaeufer macht duerfte jedem klar sein, der sich die Muehe macht, eine zweite Gehirnzelle hinzuzuschalten.
Und in einer Zwangsgemeinschaft wie einer Schule Freunde zu finden ist auch nicht leicht, besonders wenn man ohnehin schon einer 'Subkultur' angehoert, welche durch Aussehen erkennbar ist.

Desweiteren schreibt die Webseite 'Spiegel Online':
Medienkonsum einschränken - Schon mit sechs Jahren den eigenen Fernseher im Kinderzimmer, den ganzen Tag Videospiele und Internet: "Medienverwahrlosung" nennt das der Kriminologe Christian Pfeiffer. Deutschland brauche mehr Ganztagsschulen gegen diese zunehmende Art der sozialen Verwahrlosung, die zu Gewalttaten führen könne.
(Hervorhebung durch mich)
Natuerlich, sperren wir die Kinder einfach den ganzen Tag weg, dann kommen sie erst gar nicht auf dumme Gedanken. Dann muessen sich auch die Eltern um nichts mehr kuemmern und keine Verantwortung fuer ihre Kinder uebernehmen.

Eine weitere schoene Stilbluete aus dem Artikel:
Der Studie zufolge gibt es in jeder Schulklasse ein bis zwei Mobbing- Opfer, also Jugendliche, die sich potentiell wie Ausgestoßene fühlen.
(Hervorhebung durch mich)
Potentiell, ahja. Wer also taeglich geschlagen, gedemuetigt, gequaelt und oeffentlich blossgestellt wird, fuehlt sich 'potentiell' ausgestossen. Um das zu erkennen braucht es schon einen Professorentitel.


Nebenbei bemerkt: Von der Aktion Jugendschutz habe ich noch keine Antwort auf meine Bestellung erhalten.


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Tags: Gewalt Mobbing